Hilfe für Tier und Natur in Not

    • Hilfe für Tier und Natur in Not


      Klimawandel fördert das Vogelsterben - auch in Wiesbaden



      Von Konstantin Müller

      Vor allem Zugvögel finden in und um Wiesbaden immer weniger Futter. Heiße Sommer und Pestizide sollen dafür verantwortlich sein.
      WIESBADEN - Ein Rekordsommer liegt hinter uns – und der geht an der Natur nicht spurlos vorbei. Der Klimawandel und die damit einhergehenden milden Winter haben dafür gesorgt, dass Großvögel wie beispielsweise Kraniche oder Störche nicht mehr bis nach Afrika fliegen, sondern in Südfrankreich überwintern. Viele andere Vogelarten bleiben direkt hier. Ein Großteil der 248 heimischen Brutvogelarten ist bereits vom Aussterben bedroht. Das Bundesamt für Naturschutz vermeldete im vergangenen Jahr, dass die Zahl der Brutpaare in Deutschland zwischen 1998 und 2009 von 97,5 Millionen auf 84,5 Millionen zurückgegangen ist. Der Klimawandel setzt die Wildvögel zusätzlich unter Druck.

      Laut einer Mitteilung des Naturschutzbundes leiden besonders die sogenannten „Spätheimkehrer“ unter den steigenden Temperaturen. Der Gartenrotschwanz, der Trauerschnäpper, die Nachtigall oder der Pirol beispielsweise bekommen nach ihrer Rückkehr zunehmend Probleme bei der Futtersuche, da sich etliche Insekten infolge des Klimawandels früher als sonst entwickeln. Kurz- und Mittelstreckenzieher wie der Zilpzalp, viele Drosselarten oder Rotkehlchen könnten besser auf Temperaturumschwünge reagieren, da sie in Südeuropa schneller von klimatischen Veränderungen mitbekommen. Langstreckenzieher sind da weniger flexibel.

      Pestizide sind für den Rückgang mitverantwortlich
      Der Wiesbadener Hobby-Ornithologe Heinz Rosenberg merkt dennoch an, dass viele Vögel aufgrund ihrer Mobilität noch relativ gut gegen die Folgen des Klimawandels gewappnet sind. „Im Gegensatz zu anderen Tier- und Pflanzenarten haben die Vögel einen Vorteil: Ist es zu kalt oder zu warm, fliegen sie einfach dorthin, wo es ihnen passt“, sagt er. Trotzdem sieht auch er im Klimawandel Gefahren. Besonders der trockene Sommer hätte seine Spuren hinterlassen: „Vögel brauchen Wasser, im Sommer gab es ja keine Pfützen, Bäche waren teilweise trocken“, sagt Rosenberg: „Amseln, Sperlinge oder Meisen baden auch gerne, das machen sie um Schädlinge loszuwerden.“

      Das Münchener Umweltinstitut macht vordergründig die Verwendung von Pestiziden in der Landwirtschaft für den Rückgang der Vogelpopulation verantwortlich. Diese zerstörten den Lebensraum für Insekten wie etwa Schmetterlinge oder Hummeln, dadurch verschwinden auch die Vögel. Zusätzlich nähmen sie die Pestizide direkt über Nahrung und Wasser auf. Rosenberg bestätigt diesen Trend. Dadurch, dass Felder nach der Ernte sofort wieder bestellt würden, wachse kein natürlicher Lebensraum – dadurch fehle es an Brutplätzen und Nahrung.

      „Der Mensch ist egoistisch“
      Das Problem sieht Rosenberg nicht direkt bei den Landwirten, sondern eher in der Profitgier der Gesellschaft: „Der Mensch ist egoistisch“, sagt Rosenberg, „ich habe große Bedenken, ob wir die Natur retten können. In China werden aufgrund des Bienensterbens schon große Plantagen von Menschen per Hand bestäubt. Das ist doch Wahnsinn.“

      Maik Sommerhage, Vogelschutzreferent beim Nabu Hessen sieht das ähnlich: „Menschen kaufen einen Grill für 2.000 Euro und legen darauf dann Würstchen, die 99 Cent kosten.“ In politischer Hinsicht gebe es aktuell zwar eine Vielzahl wichtiger anderer Themen, dennoch „vergessen wir vollkommen, dass wir uns unsere Lebensgrundlagen wegnehmen.“

      Schale mit Wasser ist schon ein guter Anfang
      Was kann man tun? Rosenberg hält es für sinnvoll, immer eine flache Schale voll Wasser nach draußen zu stellen. Auch das zusätzliche Anfüttern mit einem Streufuttergemisch könne nicht schaden. Englische Forscher hätten herausgefunden, dass auch die ganzjährige Fütterung gut für Wildvögel sei. Laut Sommerhage müsste zuerst wieder vermehrt Lebensraum für Insekten geschaffen werden, dann ginge es auch den Vögeln besser. „Gartenbesitzer müssen nicht jeden Samstag ihren Rasen mähen“, sagt der Vogelschutzreferent, „hilfreich ist es auch, heimische Gewächse anzubauen, wie beispielsweise Holunder, Sonnenblumen oder beerentragende Sträucher.“

      Darüber hinaus sei es sinnvoll, regionale Produkte in Bioqualität zu kaufen - generell sollte man mehr Geld für landwirtschaftliche Erzeugnisse in die Hand nehmen, um schlussendlich Landwirte finanziell zu entlasten. Dadurch können sich Landwirte verstärkt dem Thema Naturschutz widmen und Insekten sowie Vögeln mehr Lebensraum bieten.
      Viele Grüße von
      Brit

      „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“

      Antoine de Saint-Exupéry
    • SPIEGEL ONLINE 29.11.2018

      Abschluss der Uno-Naturschutzkonferenz

      Die Natur stirbt - und die Welt schaut weg



      Der Planet befinde sich in einem "desaströsen Zustand", stellte das Plenum der Weltnaturschutzkonferenz fest. Obwohl es um den Schutz der Lebensgrundlagen ging, bekam der zweiwöchige Gipfel von 196 Staaten kaum Aufmerksamkeit.
      Von Christian Schwägerl

      Im Zentrum der Weltnaturschutzkonferenz (CBD) im ägyptischen Scharm al-Scheich standen brennende Regenwälder, absterbende Korallenriffe und der Schutz von Feuchtgebieten, die bei Dürren und Hitzewellen besonders wichtig sind. Doch viel Aufmerksamkeit haben die Unterhändler von 196 Staaten, die in den vergangenen zwei Wochen in einem abgeschirmten Konferenzzentrum in dem Urlaubsort auf der Sinai-Halbinsel getagt haben, dafür nicht bekommen.

      Während bei Wirtschafts- und auch Klimagipfeln prominente Politiker teilnehmen und die Weltmedien live berichten, fand der 14. Weltnaturschutzgipfel fast ohne Öffentlichkeit statt.

      weltministerium und deutsche Verhandlungsführerin in Scharm al-Scheich, warnt: Wenn es beim globalen Naturschutz Fortschritte geben solle, "müsste das Thema endlich mal in der Weltpolitik ernst genommen und nicht mehr als Nischenthema behandelt werden". In reichen westlichen Staaten werde Naturschutz vielfach noch immer als Luxus betrachtet, auf den man zur Not auch teilweise verzichten könne. In Entwicklungsländern wirke sich die weitere Gefährdung von Böden, Gewässern und Lebensräumen aber schon jetzt oft existenzbedrohend aus, sagt Paulus.

      Die Natur befindet sich in "desaströsem Zustand"
      Das Hauptergebnis der Konferenz ist ernüchternd: Die zwanzig großen Naturschutzziele für das Jahr 2020, auf die sich die Vertragsstaaten der Uno-Konvention über Biologische Vielfalt 2010 im japanischen Nagoya geeinigt haben, sind nicht mehr zu erreichen. Es habe zwar in einzelnen Bereichen Erfolge gegeben, etwa beim Ziel, bis 2020 rund 17 Prozent der Landfläche und Binnengewässer als Schutzgebiete auszuweisen, sagt Paulus.

      Aber bei anderen Zielen, etwa dem Abbau umweltschädlicher Subventionen, sei die Entwicklung nicht ausreichend. Außerdem gebe es beispielsweise bei der Umweltverschmutzung mit Nitraten aus der Landwirtschaft teilweise sogar Rückschritte. "Das Plenum der Weltnaturschutzkonferenz hat festgestellt, dass sich die Natur global in einem desaströsen Zustand befindet und dringend zusätzliche Anstrengungen nötig sind", sagt Paulus.

      Auch für das gefühlte Ökomusterland Deutschland gibt es Kritik. So zähle die Bundesrepublik etwa bei den umweltschädlichen Subventionen nach Einschätzung von Umweltverbänden zu den Sündern, kritisiert Konstantin Kreiser, der für den Naturschutzbund (Nabu) an der Konferenz in Ägypten teilnahm. Die Uno-Ziele besagten eindeutig, dass auch Agrarsubventionen dem Naturschutz dienen müstsen. Doch tatsächlich werde das Gegenteil praktiziert, Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) weigere sich vehement, die Agrarsubventionen der EU so umzugestalten, dass Bauern stärker dafür belohnt werden, Blühstreifen anzulegen, Hecken zu erhalten oder auf Pestizide zu verzichten.

      Dass immer mehr Staaten den Multilateralismus kritisch sehen, wurde auch in Scharm al-Scheich zum Problem. So stoßen Pläne für größere internationale Meeresschutzgebiete zunehmend auf Widerstand, weil etwa China, Russland, Mexiko und Brasilien sich nicht in ihre staatliche Hoheitsgewalt hineinreden lassen wollen.

      "Hier Fortschritte zu erzielen, ist hartes Brot, denn Meere und die marine biologische Vielfalt kennen keine Grenzen und ihr Schutz wird nur mit internationaler Zusammenarbeit gelingen", sagt Paulus. Trotz der großen Konflikte sei es aber gelungen, Gebiete in der Ostsee, im Schwarzen Meer und im Kaspischen Meer als bedeutsam für die biologische Vielfalt zu deklarieren, was eine Vorstufe zu neuen Meeresschutzgebieten darstellen könne. Das sei ein Erfolg.

      Hoffen auf den 'Paris-Moment' beim Naturschutz
      Unklar ist, wie es mit dem globalen Naturschutz weitergeht, wenn 2020 die von den Staaten selbst gesteckte Frist für die großen Ziele ausläuft. Darüber soll 2020 die Weltnaturschutzkonferenz in Peking entscheiden. In Scharm al-Scheich galt aber schon die Gründung einer Arbeitsgruppe dazu als Fortschritt. In der Sache herrscht dagegen Uneinigkeit.

      So zeichne sich offenbar ab, dass China beim Naturschutz auf einen ähnlichen Mechanismus setzt wie bei den Weltklimazielen und alle Verabredungen in eine zentrale Zahl münden lassen will. Das könnte zum Beispiel die Vorgabe sein, die Hälfte der Erde als Schutzgebiete auszuweisen und dort neue Regeln für den Umgang mit der Natur aufzustellen, wie es bei einem chinesischen Workshop in Scharm al-Scheich hieß.

      Der Umweltminister von Costa Rica schlug dagegen vor, in den kommenden Monaten erst einmal den Finanzbedarf zu ermitteln, damit Entwicklungsländer effizienten Naturschutz betreiben können. Wieder andere möchten die bestehenden zwanzig Ziele in wenigen klaren Vorgaben bündeln. Deutschland und die EU haben noch keine eigenen Vorschläge eingebracht. "Alle hoffen darauf, dass das Thema in den nächsten zwei Jahren so stark an Bedeutung gewinnt, dass Peking zu einem 'Paris-Moment' für die Biodiversität wird", ähnlich wie beim Weltklimavertrag, sagt Nabu-Vertreter Kreiser.

      Beteiligung an Profiten gefordert
      Doch die Bemühungen könnten noch an einem ganz anderen Thema scheitern: Bei der Konferenz in Ägypten haben die Entwicklungsländer ein brisantes Junktim verkündet. Einer Uno-Lösung für die Zeit nach 2020 wollen sie nur zustimmen, wenn darin klar geregelt ist, dass ärmere Staaten an den Einnahmen mitverdienen, die Wissenschaftler und Firmen mit Gensequenzen und neuen gentechnischen Verfahren aus Tieren und Pflanzen erzielen. Wenn also ein Pharmakonzern aus einer äthiopischen Pflanze Wissen gewinnt, das bei der Produktion eines Krebsheilmittels eingesetzt wird, soll Äthiopien mitverdienen. Dafür gibt es zwar schon Regeln, die reichen den betreffenden 127 Ländern aber nicht aus.

      Auf Deutschland komme eine besonders große Verantwortung für den Naturschutz zu, sagt Christiane Paulus vom Bundesumweltministerium. "Während der Peking-Konferenz 2020 werden wir nämlich die EU-Ratspräsidentschaft innehaben."

      Im
      Video:
      (R)evolution - Es geht um unser Überleben
      Viele Grüße von
      Brit

      „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“

      Antoine de Saint-Exupéry